Der Fluss

In by Clara Schwenke0 Comments

Wie weit Du siehst weißt Du nicht mehr.

Wie weit Er fließt weißt Du nicht mehr.

Er, der nicht benannt werden muss und trotzdem erkannt werden muss. Der Fluss. Schlängelnd, das Wasser zwischen hohen alten Bäumen. Drängelnd, das Laub schwimmend in goldener Pracht. Du wandelst dahin mit tiefem Sinn und denkst über Vieles und Nichts nach. Gemach heben sich die Füße, sie sind nackt und tasten den Untergrund, wie Finger einst Haut ertasteten. Sanft, Steichend, Streichelnd.

Doch Du weißt es nicht mehr.

Doch Du spürst es nicht mehr.

Das Durchdringen mit einer einzigen Berührung. Das Verschlingen mit einem einzigen Augen Blick. Du erinnerst verblassend der Momente, in denen nicht nur dein Schatten über Stämme wandelte, nicht nur dein Weg durch Blätter wirbelte, nicht nur dein Haar sich vom Winde zwirbelte.

Viel weißt Du nicht mehr.

Viel reist Du nicht mehr.

Durch alt gewordene Tage, mit der alt gewordenen Frage, ob man es jetzt oder später sage. Denn es ist vorüber, Du sitzt vorn drüber über der Brücke Geländer. Und unter Dir fließt Er wie ein Fremder und nimmt alle Geschichten in sich auf, trägt sie an andere Orte unter andere Brücken, so nimmt Er immer seinen Lauf.

Der Fluss.

 

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